Spielerporträt: Julius Kade

In den nächsten Wochen wollen wir in einigen Artikeln die besten Spieler des goldenen Berliner 99er-Jahrgangs vorstellen und (wenn wir die Zeit finden) einen Blick auf die Neuzugänge, sowie Jordan Torunarigha und Maxi Mittelstädt werfen. Den Anfang macht heute Julius Kade, auf ihn sollen demnächst Palko Dardai, Dennis Jastrzembski und Muhammed Kiprit folgen. Auch auf Arne Maier soll etwas ausführlicher eingegangen werden, anschließend wird kompakter ein Auge auf die anderen Spieler des Jahrgangs geworfen. Wir werden nicht unbedingt jede Eigenschaft der Spieler vorstellen, sondern uns immer wieder auf die prägenden Dinge beschränken. Aber so viel sei gesagt: Es sind ein paar wirklich interessante Jungs dabei.

 

Julius Kade mag nicht der vielversprechendste Spieler des goldenen Jahrgangs sein, einige der Aspekte seines Spiels machen ihn aus unserer Sicht aber zum spannendsten: Er ist sehr schwer zu fassen und schaut man nicht genau hin, läuft er auch gerne mal unter Radar.

 

Das liegt zum Teil schon an seiner äußeren Erscheinung: Er war in seiner A-Junioren-Zeit mittelgroß und verhältnismäßig schmächtig (was sich geändert zu haben scheint, aber dazu später mehr). Auch seine völlig unspektakuläre Frisur zieht in der schillernden Fußball-Welt keine Blicke auf ihn und so ging der Mittelfeld-Allrounder inmitten des Spielgeschehens häufig etwas unter. Dennoch war der Juniorennationalspieler unumstrittener Stammspieler und einer der ersten Jungspurne mit Profivertrag.

 

Was ihn auf den zweiten Blick hervorstechen lässt, ist zunächst einmal seine sehr gute Spielauffassung: Kade ist, trotz eventueller körperlicher Defizite, jeder Situation gewachsen und macht fehlende Kraft mit Cleverness und Koordination wett. Er ist ein in jeder Spielphase wertvoller Spieler, da er ein technisch gutes und koordinativ herausragendes Gesamtpaket mitbringt und in den allermeisten Situationen eine gute bis sehr gute Lösung parat hält. Genau da ist es aber auch, was ihn gleichzeitig so unspektakulär macht: Er ist kein dominanter Spieler, der ununterbrochen den Ball fordert und andauernd Spielverlagerungen schlägt. Aber er ist in seinen Aktionen sehr tororientiert und treibt das Spiel durch kleinere, oft nach vorne gerichtete Aktionen an.

 

Dafür nutzt er knappe Dribblings, fast komplett ohne Finten (wäre ja auch zu auffällig sonst), mit denen er Räume überbrückt und Gegenspieler auf sich zieht. Er hat ein gutes Grundtempo, seine starken Richtungswechsel lassen ihn aber noch schneller erscheinen. So kann er schon auf engstem Raum beeindruckende Dynamiken erzeugen und gewinnt direkte Duelle meistens durch das Verladen von Gegnern. Unter hohem Gegnerdruck kann er sich vor allem durch sein tolles Körpergefühl auch gegen mehrere Gegner behaupten. So löst er sogar in körperlichen Schieflagen oder im Fallen noch viele Aktionen gut auf und ist sehr schwer vom Ball zu trennen. Wie schon erwähnt, ist er technisch nicht spektakulär, aber so gut, dass er seine Lösungsideen problemlos umsetzen kann. Vor allem sein erster Kontakt, wenn er Tempo auf- oder mitnehmen mag, ist sehr auffällig.

 

Auch im Spiel ohne Ball zeichnet sich Kade durch einen sehr starken Zug zum Tor aus. Immer wieder setzt er zu vertikalen Sprints an, unabhängig von der Entfernung zum Tor. Sein Timing ist hier hervorragend. Hauptziel dieser Läufe ist natürlich ein direkter Durchbruch. Gelingt dieser nicht, kann er an der letzten Linie Verteidiger binden und auch vorher schon für das Überspielen von Linien sorgen. Bei etwaigen Kombinationen ist er außerdem zu jeder Zeit in der Lage teilzunehmen, da er hektische Szenen extrem gut erfasst und schwierig zu sehende, aber einfach umzusetzende Lösungen findet, wobei ihm wieder seine herausragenden koordinativen Anlagen zugutekommen.

Kiprit kann in den von von Jastrzembski geöffneten Raum stoßen (blass), Kade war schon lange vorher gestartet und erhält den perfekt getimten, eigentlich sehr simplen Querpass, kann in den Strafraum eindringen und wird gefoult. Rote Karte.

Man kann den torgefährlichen Mittelfeldspieler also als Situationsauflöser beschreiben, der extrem wichtig für das eigene Team sein kann und ihm viele Optionen eröffnet, der aber, wenn er nicht eingebunden wird, nur mitschwimmt. Das liegt in erster Linie daran, das der 19-jährige kein dominanter Spielmacher ist und ihm darüber hinaus noch etwas das strategische Verständnis abgeht. Erhält er beispielsweise ohne Druck den Ball im Sechserraum, ist er kein besonders guter Ballverteiler und möchte oft in Szenen, die am besten abgebrochen werden sollten, eine der für ihn typischen Lösungen erzwingen.

 

Dass er trotzdem wertvoll sein kann, muss ich wohl nicht mehr erwähnen. In einem idealen Spielzug erhält Kade in der eigenen Hälfte unter Druck den Ball, dreht sich da raus und verteilt den Ball weiter, um anschließend zu einem 50-Meter-Sprint anzusetzen, der genau so getimt ist, dass er mit einem simplen Pass alleine vor dem Tor steht.

 

Des Weiteren ist er ein sehr guter Pressingspieler, der besonders in direkten Duellen zu sehr überraschenden und gleichzeitig sauberen Ballgewinnen fähig ist. Dabei scheinen ihn auch seine Gegenspieler zu unterschätzen, denn irgendwie kann er seine Gegenspieler oft komplett überraschen und aus eigentlich ungefährlichen Situationen das Bestmögliche herausholen.

Jastrzembskis Flanke wurde abgefangen und die Situation scheint ungefährlich. Kade kann den Gegner aber aus dessen Rücken überraschen und gewinnt den Ball quasi am Fünfmeterraum.

Im Laufe der diesjährigen Saisonvorbereitung hat Kade wohl einiges an Muskeln aufgebaut, ist noch etwas gewachsen und wurde vermehrt als Linksverteidiger getestet. Das ist eine sehr interessante Option, insbesondere da Herthas Außenverteidiger im Berliner Aufbauspiel eine sehr prominente Rolle einnehmen, die vorhandenen Kandidaten (Klünter kann ich noch nicht einschätzen) aber allesamt eine relativ simple Rolle spielen. Zwar wird der gebürtige Berliner nicht Marcelo bei Real Madrid ersetzen können, aber dadurch, dass die Situationen, die Außenverteidiger auflösen müssen, von einer sehr großen strategischen Bedeutung sind, sprich sie den Verlauf des Angriffs bestimmen, könnte Kade durch unscheinbare Aktionen ein außerordentlich wertvoller, dynamischer Spielmacher von hinten links sein. Seine strategischen Schwächen sollten hier auch nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, da er als Linksverteidiger allein durch seine Position auf dem Feld auf einige Optionen beschränkt ist und die bestmögliche Spielrichtung klar sein sollte. Durch seinen Wachstumsschub wird er aller Voraussichtnach außerdem noch besser in direkten Duellen standhalten können.

 

Ausblick: Eigentlich sollte es für einen Spieler wie Julius Kade in jedem Team einen Platz geben. Aber genau diese Allroundfähigkeiten ohne das groß hervorstechende Merkmal könnte dafür sorgen, dass er auch in der Kaderplanung nur mitschwimmt. Hinten links könnte für ihn eine wirklich interessante Rolle sein. Im Mittelfeldzentrum ist er als klarer Sechser auf jeden Fall nicht gut aufgehoben, davor kann er beide Positionen in fast jeden erdenklichen Rollen spielen. Vor allem in Umschaltsituationen sollte er von Anfang an auf einem sehr hohen Niveau mitmischen können. Hier gibt es eine klare Spielrichtung und viele verschiedene Dynamiken, die er hervorragend durchschaut und zu nutzen weiß. Seine eigenen Vertikalläufe passen natürlich auch exzellent in solchen Szenen, was ihn insgesamt zu einem klasse Konterspieler macht. Auch wenn es mittelfristig nicht zu einem festen Kaderplatz reichen sollte, ist Kade sicher in der Lage, mitzumischen und Erfahrungswerte zu sammeln. Seine Schwächen könnte man gewissermaßen noch unter dem Punkt „Reife“ abtun und er wird in dieser Hinsicht sicherlich noch einen Sprung machen, als falschezehn-Liebling ist er auf jeden Fall für eine Weltkarriere prädestiniert. So wie Per Skjelbred.

 

1 Kommentar

  1. […] Julius Kade von Hertha zu verpflichten. Wer etwas mehr über ihn erfahren will, kann im Blog Falsche 10 ein fußballerisches Portrait zu ihm lesen (lustigerweise könnte der Name dieses Blogs auch Kade beschreiben). Dort wird Kade als eher […]

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