Mit einem neuen Startrekord im Rücken und, natürlich viel wichtiger, dem wiedergenesenen Per Skjelbred, empfing die Hertha die noch punktlosen Schalker, deren Formkurve während der letzten Auftritte klar noch oben zeigte(zumindest gegen den Ball). Diesen Trend wollte man auch gegen die alte Dame bestätigen und am besten durch die ersten Punkte belohnen.
Schalke mit gutem Pressing…
Die Königsblauen starteten mit einem recht klaren 4-4-2-Mittelfeldpressing, in dem Goretzka ganz vorne neben Huntelaar die erste Reihe bildete. Dahinter verfolgten meist Stambouli und Bentaleb die beiden Berliner Sechser, ließen sie aber bei einem Zurückfallen passieren und kehrten in ihre Position zurück. Schon nach wenigen Minuten gab es dann die ersten Szenen zu sehen, in denen Schalke von diesem Pressingschema abwich. Zwar war man in den Ausgangssituationen immer noch gleich gestaffelt, nun gab es aber eine klare Asymmetrie in den Abläufen zu erkennen, so rückte Choupo-Moting oft aus seiner Position heraus und lief Langkamp an, sobald dieser den Ball erhielt. Dabei behielt er seine Seite im Deckungsschatten und sorgte im Verbund mit Huntelaars Positionierung nahe am anderen Innenverteidiger dafür, dass keine Anspielstationen mehr vorhanden waren, da sich Goretzka gleichzeitig ins zentrale Mittelfeld fallen ließ, um ebenfalls eine Mannorientierung einzugehen.
Dadurch war Hertha gezwungen, entweder zurück zu Jarstein oder lang nach vorne zu spielen. Bei ersterer Variante ging meistens einfach das gleiche Spielchen nochmal von vorne los, während bei zweiterer lange Kämpfe um den zweiten Ball entstanden. Dafür rückten situativ die hohen Außenspieler weit ein, sodass dort auch einige Bälle fest gemacht werden konnten. Diese wurden dann meist auf den Flügel gebracht und von dort aus reingeflankt. Aber spätestens hier scheiterte man dann an der guten Königsblauen Endverteidigung. So entstanden zwar keine Großchance, es wurden aber auch keine Bälle unnötig verloren.
…und Aufbauproblemen
Auf der anderen Seite hatten Schalker auch einige Probleme, konstruktiv zum Tor auf der anderen Seite zu gelangen. Bei ihnen ließ sich zu Beginn normalerweise Bentaleb zwischen die Innenverteidiger fallen. Oft tat er dies leicht nach links versetzt, sodass die daraus entstehende mit ihm zwischen Naldo und Nastasic leicht nach links versetzt war. Von dort aus hatte man mit Bentaleb oft nur wenige Probleme, die erste gegnerische Linie zu überwinden, kam aber auch kaum wirklich weiter. An sich waren die Schalker Staffelungen gar nicht mal schlecht: Man hatte eine leicht asymmetrische Dreierkette und Stambouli und Goretzka versetzt davor, während die Außenverteidiger hochschoben und die Flügelstürmer einrückten. Jedoch gab es kaum gute und passende Bewegungen, die einen Spieler irgendwie hätten freiziehen können.
So ergab sich dann auch ein ziemlich komischer Rhythmus, der die guten Positionierungen der Einzelspieler kaum einband. Schalke konnte auf diese Art zwar auch manchmal weiter aufrücken doch fokussierte man sich im hohen zweiten Drittel aus den Halbraumen nicht auf Aktionen zum Tor hin, sondern Pässe auf die aufrückenden Außenverteidiger. Das war dann bei Höwedes eher semigut, während man von der anderen Seite aus tatsächlich manchmal die Aktionen zu Ende spielen konnte. Hier tat sich vor allem Choupo-Moting hervor, der auch insgesamt eine gute Partie zeigte und einige gute Szenen hatte. Oft blieben die Schalker aber schon hängen, bevor der Kameruner in Szene gesetzt werden konnte.
Sei es an eigenen Unzulänglichkeiten oder am wieder guten Herthapressing: Gegen den Ball zeigte sich die Hertha nämlich einmal mehr von einer sehr kompakten Seite, weshalb man wieder das Gefühl hatte, Herthas Mittelfeldzentrum habe zu jedem Zeitpunkt Zugriff. So konnte man auch die Schalker Konter, das Ziel von Weinzierls Team, oft schon im Keim ersticken. Das hatte aber auch nicht nur mit dem starken Berliner Mittelfeld zu tun, in dem Skjelbred mal wieder aufdrehte, sondern auch mit dem linearen Aufrücken der Schalker nach Ballgewinnen. Einzig Choupo-Moting zeigte sich in solchen Phasen als konstanter Verbindungsspieler und war nicht nur darauf bedacht, möglichst schnell nach vorne zu rennen.
Um aber nochmal auf das Pressing der Hertha zurückzukommen: Dort hat man in der Sommerpause einen merklichen Sprung nach vorne gemacht und sich von dem teilweise ultrapassiven Auftreten der letzten Saison gelöst. Mittlerweile wird das 4-4-2 enger interpretiert, die vorderste Linie guckt nicht ewig zu und die Flügelspieler pressen häufiger auf die Innenverteidiger. Dazu kommt dann noch das erwähnte starke zentrale Mittelfeld, was insgesamt ein schwer zu bespielendes System ergibt.
Alles in allem entwickelte sich so eine erste Halbzeit, die zwar ziemlich chancenarm, aufgrund einiger guter Ansätze aber dennoch interessant und sogar ziemlich intensiv war. Vermutlich hatte Schalke sogar das leichte Chancenplus auf seiner Seite, was aber auch daran lag, dass viele Berliner Angriffe etwas zu schnell den Weg auf den Flügel fanden und von dort aus nicht mehr zurückkamen.
Für die zweiten Spielhälfte brachte Weinzierl Konoplyanka für Embolo, einen weiteren umtriebigen Akteur und stellte das Ballbesitzspiel etwas um. So spielte Bentaleb jetzt höher als Stambouli als Teil einer Doppelacht mit Goretzka, die Probleme blieben aber erhalten: Aus den guten Staffelungen heraus konnten die Schalker keine Dynamik ins letzte Drittel bringen.
Im zweiten Abschnitt wurde das sogar noch schlimmer: Nun verlor man häufiger den Ball im Übergangsspiel und lief in einige Konter, da das Gegenpressing überhaupt nicht griff. Hertha gestaltete diese Konter wie die letzten Male auch mit den vier vorderen Spielern und manchmal noch Skjelbred, der dann den Ball nach vorne trieb, und konnte durch einige gute Kombinationen bis zu Fährmann gelangen. So verschob sich dann auch die Grunddynamik des Spiels, sprich, statt Hertha-Ballbesitz und Schalker Konter gab es nun Schalker Ballbesitz und Hertha-Konter. Da sich Darida leider verletzte kam diese Entwicklung Hertha wohl sehr zu gute.
Das 1:0 verstärkte diesen Effekt und seine Folgen noch weiter, sodass Hertha nun merklich überlegen war. Da sich bis zum Ende, außer am Ergebnis nicht mehr viel änderte war der Sieg verdient.
Fazit nach drei Siegen aus drei Spielen:
Die optimale Ausbeute aus den ersten drei Spielen ist schön, aber spätestens mit diesem Sieg auch verdient. Hertha überzeugte in allen Spielen mit einer tollen Defensivleistung und war sehr, sehr gut im Umschaltspiel. Entgegen vieler Erwartungen hat es Pal Dardai geschafft, die Mannschaft noch weiter zu bringen und nicht schlechter als in der letzten Saison zu sein. Spannend wird nun das Spitzenspiel gegen die Bayern, wobei hier wohl eher die Art und Weise des Auftretens als das Ergebnis im Vordergrund steht.