Hertha BSC 2:1 SC Freiburg

Mit dem knappen Pokalsieg im Rücken empfing Dardais Truppe nun den SC Freiburg zum ersten Spiel der neuen Saison. Die Breisgauer hatten schon in der Vorbereitung angedeutet, häufiger mit einer Fünferabwehrkette anzutreten und bestätigten diesen Trend auch sofort im ersten Saisonspiel gegen die alte Dame aus Berlin, die mit zwei Veränderungen gegenüber dem Pokalspiel antraten: So rückten Weiser und Lustenberger für Stocker und Kalou in die Anfangsformation und sorgten dafür, dass Darida wieder auf die Zehn vorrückte, während Weiser auf der rechten offensiven Außenbahn startete.

Aufstellungen.
Aufstellungen.

 

Dreierkette oder Fünferkette?

Seit der WM 2014 und der mit ihr verbundenen ‚Wiederbelebung‘ der Dreierkette für die breite Öffentlichkeit ist sie auch in Deutschland wieder salonfähig. Immer wieder stellt sich jedoch die Frage, was man denn nun tatsächlich vor sich hat, eine Dreier- oder eine Fünferkette. Die ‚‚Dreierkette, die defensiv zur Fünferkette wird‘‘ trifft nämlich längst nicht auf jedes Team zu. Bei den Freiburgern kann man jedoch von einer klaren Fünferkette sprechen. Christian Streichs Mannschaft formierte sich bei gegnerischem Ballbesitz sehr klar mit fünf Verteidigern auf einer Linie.  Die tiefen Berliner Außenverteidiger wurden in den meisten Szenen von den Freiburger Achtern aus der 5-3-2-Grundformation gepresst. Unterstützt wurden die Stürmer von den sehr harmonischen Verschiebebewegungen des 3-2-Blocks während gleichzeitig die Flügelverteidiger auf Höhe der Innenverteidiger verbleiben konnten. So hatte man zu jeder Zeit eine sehr hohe Kompaktheit an der letzten Linie zu bieten und konnte problemlos zurückfallende Offensivspieler der Hertha verfolgen, da man weiterhin massiv besetzt war.

Die Hertha agierte ihrerseits wiederum aus einer 4-2-3-1-Formation heraus, meist mit den typischen Kreiselbewegungen der zentralen Mittelfeldspieler. Manchmal schob aber auch Darida höher um gegen die vielen Freiburger Abwehrspieler Präsenz zu erzeugen und das gegnerische Pressing zu umgehen.

Freiburg hatte nämlich zwei eng aneinander stehende Stürmer über dem Sechserraum postiert und konnte so erstmal Anspiele dorthin erst einmal verhindern. Gleichzeitig gingen Grifo und Haberer auch kaum Mannorientierungen ein, durch die man mit den passenden Bewegungen die Flügel hätte freiziehen können. So hatten Brooks und Langkamp, die auch heute wieder weit auffächerten und für eine ruhige Zirkulation sorgten, oft keine andere Möglichkeit, als die Außenverteidiger anzuspielen und Herthas Ballbesitzspiel so schnell nach außen zu verlagern.

Wie schon erwähnt wurden Plattenhardt und Pekarik dort von den Freiburger Achtern angelaufen und weiter nach außen gedrängt und gleichzeitig nur wechselhaft vom zentralen Mittelfeld unterstützt. Dort versuchten sie dann die Linie entlang zu kombinieren, ohne eine wirkliche Anbindung in die Mitte zu haben. Rückte der offensive Flügelspieler mal ein und bot sich dort für den Außenverteidiger an, verschwand er meistens im Deckungsschatten des Freiburger Mittelfelds.

Exemplarische Verschiebebewegung der Freiburger
Exemplarische Verschiebebewegung der Freiburger

Vielversprechender waren dagegen flache Vertikalpässe auf den zurückfallenden Ibisevic, der einmal mehr gute Ablagen zeigte, oder einen eingerückten Flügelspieler. So konnte man dann auch mal im Zentrum vorrücken. Wirkliche Gefahr entstand aber fast nur, wenn Hertha einen Ball im Gegenpressing gewann und es so schaffte, einige Freiburger aus dem Spiel zu nehmen. Dann konnte man die Freiburger Ordnung durcheinanderbringen und kam auch mal in Gleichzahlsituationen, die mit besseren Entscheidungen durchaus zum Erfolg hätten führen können.

Pekarik gewinnt nach seinem eigenen Fehlpass den Ball und kann nun in den freien Raum starten.
Pekarik gewinnt nach seinem eigenen Fehlpass den Ball und kann nun in den freien Raum starten.

Insgesamt entwickelte sich so ein ziemlich typisches Spiel der Dardai-Ära: Hertha versuchte mit Vertikalpässen und Flügelüberladungen einen passiven Gegner zu knacken und wartete auf die eine befreiende Aktion. Jedoch war nicht alles so typisch wie sonst.

 

Herthas Pressing höher und aktiver

Gegen den Freiburger Aufbau presste Hertha in einem sehr klaren 4-2-3-1. Eine sehr gute Anpassung des Trainerteams gegen die etwas ungewöhnliche Offensivstruktur Freiburgs. Während viele Teams die Flügelverteidiger mehr oder weniger weit aufrücken lassen und gleichzeitig zumindest zwei tiefe zentrale Mittelfeldspieler aufbieten, schoben bei den Breisgauern die Achter schon früh sehr weit nach vorne. Währenddessen verblieben die Wingbacks recht weit hinten, sodass 3-3-0-2-2-Staffelungen entstanden.

Bei der Hertha nahm Darida dann Abrashi in Manndeckung und kappte so die letzten Verbindungen nach vorne. Die engen Flügelspieler unterstützen ihn und schlossen ebenfalls einige Passwege nach vorne. Die Innenverteidigung wurde gleichzeitig von Ibisevic mit bogenförmigen Läufen nach außen gelenkt, wo die Flügelspieler Pässe auf die ballnahen Wingbacks belauerten, während der ballferne Flügelspieler weit einrückte und entweder den ballfernen Innenverteidiger bewachte oder den Weg in den Halbraum schloss.

So war zwar in der Theorie der ballferne Wingback frei, jedoch wäre er erstens nach einem Pass leicht zu isolieren gewesen und wurde zweitens von den Freiburger Verteidigern eh kaum genutzt. In sehr tiefen Zonen rückte manchmal noch Höfler vor, sodass eine Art Doppelsechs aus ihm und Abrashi entstand. Dann rückte Darida bei Bedarf auf Höfler heraus während einer der Flügelspieler Abrashi übernahm. Wenn Freiburg mal etwas höher aufbaute, blieb Ibisevic eher auf einer Höhe mit Darida, der aber weiterhin eng an Abrashi dran war.

Darida presst in dieser Szene Höfler, der den Ball auf Schwolow ablegt, welcher dann zu einem langen Ball greifen muss.
Darida presst in dieser Szene Höfler, der den Ball auf Schwolow ablegt, welcher dann zu einem langen Ball greifen muss.

Freiburg kam alles in allem überhaupt nicht mit der sehr passenden Ausrichtung der Hertha klar und schaffte es so auch kam, sauber nach vorne zu spielen. Stattdessen griffen sie oft zu langen Bällen oder kaum mal sicher ankommenden Vertikalpässen. Tempo aufnehmen konnten sie nur wenn sie sich mal aus einem Kampf um zweite Bälle lösen und in die umliegenden Räume vorstoßen konnten. Im Zusammenhang mit den Vertikalpässen muss noch die Doppelsechs aus Lustenberger und Skjelbred gelobt werden, die mit ihrem guten Verschieben einige Zuspiele verhindern konnte.

 

Die Hitze und eine verrückte Schlussphase

Schon Mitte der ersten Halbzeit war bei Freiburg ein Nachlassen der intensität im Verschieben zu erkennen, vermutlich durch die Hitze ausgelöst, sodass Hertha nun einfacher über die Außenverteidiger in den Sechserraum gelangte. Auf der anderen Seite ließ Herthas Intensität erst nach gut 40 Minuten nach, wonach auch Freiburgs Ballbesitzspiel besser ins Rollen kam, da Hertha den Startpunkt des eigenen Pressings nun konstant an die Mittellinie verlegte und die gegnerischen Innenverteidiger weitestgehend in Ruhe ließ. So gab es dann auch die ersten Ballbesitzansätze der Freiburger zu sehen, bevor es in die Pause ging.

Dieser Effekt setzte sich im zweiten Durchgang fort, wobei jetzt gerade Freiburgs Mittelfeld breiter wurde und deswegen vom Flügel aus leichter zu durchspielen. In einer solchen Situation fand Haraguchi schließlich Ibisevic, der auf Darida ablegte und dem Tschechen so den Führungstreffer vorbereitete.

Bei Hertha BSC war es weiterhin die Gesamtintensität, die mehr und mehr zu wünschen übrig ließ. Vor allem Ibisevic tauschte seine guten Läufe aus der ersten Halbzeit mehr und mehr gegen einen Aktionsradius mit der Größe eines Bierdeckels ein. Immerhin konnte er bei gelegentlichen Kontern noch Sprinten wie ein Weltmeister. Da hat es dann schon ein wenig verwundert, wieso Dardai dann erstmal lieber Weiser vom Platz nahm und dafür Neuzugang Esswein brachte.

Vorher hatte Christian Streich mit den Einwechslungen von Bulut und Petersen für Haberer und Ignjovski bereits auf ein 4-4-2 umgestellt. Nach 85. Minuten war es dann so weit: Dardai  wechselte Schieber für Ibisevic ein und markierte so den Beginn einer denkwürdigen Schlussphase. Während Skjelbred dann verletzungsbedingt pausieren musste und Hertha kurzzeitig nur zu zehnt war köpfte Nicolas Höfler den 1:1-Ausgleich. Den Schlusspunkt dieser tollen Partie setzte Julian Schieber schließlich mit einem nicht schönen, aber erleichternden Treffer zum 2:1.

 

Fazit

Mit einer guten Anpassung im Pressing, einer soliden Leistung im Aufbauspiel und einer Menge Glück sichert sich Hertha die ersten drei Punkte gegen gute Freiburger, die merklich unter der Hitze litten. So ein Auftakt macht auf jeden Fall Lust auf mehr!

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