Eine Woche nach der Niederlage in Leverkusen strengte Hertha sich an, es in Freiburg wieder besser zu machen. Die Breisgauer waren zwar auch mit einer Niederlage aus der Winterpause gestartet, hatten sich gegen Carlo Ancelottis Bayern aber deutlich besser verkauft.
Gegen Hertha zeigte Freiburg auch sofort wieder, was man den Bayern entgegengehalten hatte: Ein hohes Mittelfeldpressing, irgendwo zwischen 4-4-2 und 4-2-4 einzuordnen, in dem sehr intensiv verschoben wurde und dem Gegner nur die Ballzirkulation in der Innenverteidigung erlaubt war. Haberer und Niederlechner verstanden es dabei sehr gut, den Sechserraum mit ihren Deckungsschatten unbespielbar zu machen, wofür sie sich auch sehr hoch positionierten, was Hertha dazu zwang, immer wieder Jarstein einzubinden.
Hinter Freiburgs erster Linie bewegte sich das zentrale Mittelfeld der Hertha auch eher suboptimal und konnte Freiburger Nachlässigkeiten dadurch kaum nutzen. So gab es viele 1-2-Staffelungen zu sehen, bei denen zwei Berliner die Freiburger Doppelsechs banden, während einer dritter im Sechserraum hin und her pendelte. Wie schon beschrieben kappte Freiburg aber alle möglichen Verbindungen von den Innenverteidigern direkt in die Mitte, weshalb man auf diese Weise nicht aufrücken konnte.
Stattdessen brauchte es kleinere Vorstöße der Innenverteidiger und direkte Pässe auf einen der Offensiven oder auch manchmal hochgeschobenen Außenverteidiger. Passende Szenen für solche Aktionen entstanden hingegen nur sehr selten, sodass in vielen Situationen ein langer Ball als Notlösung herhalten musste. Wenn man aufrückte, dann eher über rechts, wo Stark ein paar gute Bälle einstreute. Brooks dagegen war deutlich zurückhaltender im Aufrücken und zeigte anstelle seiner guten Dribblings fast nur Spielverlagerungen. Gegen den sehr weit und eher hoch einrückenden Grifo war das in einigen Szenen auch gar keine schlechte Wahl, da Pekarik so etwas Platz hatte, während Günter sich eher an Stocker orientierte.
Keine gute Wahl waren ansonsten Kurzpässe von den Innenverteidigern zu den Außenverteidigern, da Herthas zentrales Mittelfeld nur selten schnell Verbindungen nach außen herstellen konnte, während die Freiburger Flügelspieler gleichzeitig die Möglichkeit hatten, schnell die restlichen Optionen zuzustellen. Zumindest Stocker bot durch seine gute Positionsfindung manchmal noch eine Anspielstation für Pekarik, während Kalou sich meist hinter Plattenhardts Gegenspieler bewegte.
Im weiteren Spielverlauf versuchte es Hertha dann auch mal über ab- oder herauskippende Mittelfeldspieler, Freiburg presste darauf aber nochmal aggressiver und erzwang schnell Rückpässe oder Befreiungsschläge. Dafür rückten die Flügelspieler etwas auf und nach einem Querpass pressten ein Stürmer und der ballnahe Flügelspieler. So entstanden insgesamt viele lange Bälle der Hertha, auf die man aber nicht gut vorbereitet schien, weshalb der Ball oft von den Freiburgern erobert werden konnte. Diese versuchten dann entweder schnell über lange Bälle zu kontern oder ihrerseits aufzubauen.
Im geordneten Spielaufbau kippte zumeist Höfler aus dem Zentrum neben oder zwischen die Innenverteidiger heraus. Hertha verhielt sich dann ähnlich, wie es die Freiburger gegen Berliner Aufbaudreierketten gemacht hatten: Die Flügelspieler schoben vor und pressten bei Querpässen. Im Vergleich zur Gegenseite taten die Flügelspieler dies aber isolierter und wollten den Ball wohl bewusst von den Halbverteidigern ins Zentrum lenken. Teilweise war das Anlaufverhalten dabei aber nicht optimal, weswegen die Innenverteidiger Pässe auf die Außenverteidiger anbringen konnten. Um diese zu verteidigen, rückte dann ein Berliner Außenverteidiger aus seiner Position heraus. Dabei stellten sich diese beiden aber sehr geschickt an und konnten ihrerseits das ein oder andere Mal Ballgewinne verbuchen. War das Lenken der Flügelstürmer erfolgreich, hatte Ibisevic dann oft noch etwas vorgeschoben, um den zentralen Aufbauspieler zuzustellen, während Darida sich in der Mitte an der Jagd auf den Ball beteiligte – mit gemischtem Erfolg.
So gab es zwar ein paar Ballgewinne, diese waren aber für einen sofortigen Konter nicht sauber genug, während einige Pässe auch einen Abnehmer in der Berliner Formation fanden. Meistens ließen sich nämlich Grifo, Philipp und Haberer gering fallen und bewegten sich eng aneinander, um jederzeit den Ball weiterleiten zu können. Insgesamt entstanden so im Aufbau der Breisgauer viele 3-3-3-1-Staffelungen, in denen die 1 ganz vorne Niederlechner darstellte, der mit sehr vielen Tiefensprints Raum öffnete und eine Option für lange Bälle bot. Durch seine Schnelligkeit konnte er ebenso viele dieser Zuspiele erlaufen.
Insgesamt war das Spiel von Christian Streichs Team deutlich eher auf solche Pässe zugeschnitten. Die vier vordersten Akteure waren durch ihre eingerückte Position im Verbund mit der ebenfalls eng verschiebenden Doppelsechs und den passend unterstützenden Außenverteidigern gut in der Lage, zweite Bälle zurückzuerobern. Alternativ verfügt auch nicht nur Niederlechner über eine gute Grundschnelligkeit, sodass lange Bälle in die Tiefe als ziemlich stabiles Mittel im Aufbau genutzt werden konnten.
Im Vergleich zum letzten Spiel war das Pressing der Hertha so deutlich erfolgreicher, weil der Gegner zu mehr Entscheidungen gezwungen werden konnte als sonst. Zwar gab es auch wieder Szenen, in denen die Hertha schlichtweg verschob und überhaupt keine Anstalten machte zu pressen, diese Szenen waren aber deutlich seltener. Dennoch ist es beunruhigend, dass Hertha solange nichts tut, bis ein gegnerischer Akteur abkippt. Konstanter pressende Flügelspieler würden auch gewiss mehr Umschaltsituationen heraufbeschwören und so für mehr Tore sorgen.
Apropos Tore: durch die auf beiden Seiten funktionierenden Defensivausrichtungen entwickelte sich ein extrem torschussarmes Spiel. So dauerte es bis zum ersten Abschluss 37 Minuten, als Skjelbred mal aus der zweiten Reihe draufhielt. Schon zwei Minuten später erzielte Freiburg dann mit dem ihrerseits ersten Schuss die Führung.
In der Folge kam Hertha dann im Ballbesitzspiel besser nach vorne, wobei in der gegnerischen Hälfte oft die Anbindung des offensiven Mittelfeldes zum Rest des Teams ein Problem darstellte, das vor der Pause nicht mehr überwunden werden konnte.
Im zweiten Durchgang kam Berlin dann noch besser nach vorne, nun vornehmlich über links. Dabei ergaben sich zwar nicht die saubersten Aktionen, der Ball fand aber auch so immer wieder den Weg in die Mitte und dann oft raus auf den freien Pekarik, dem Stocker durch weites Einrücken viel Raum öffnete. Auch die Doppelsechs bewegte sich jetzt besser zu Situationen am Flügel, was auch für mehr Stabilität im Ballbesitz führte. Bis auf eine Chance für Vladimir Darida ergab sich aber immer noch nicht viel Gefährliches für den Hauptstadtklub. In diesem Kontext muss auch Freiburgs Söyüncü mal lobend hervorgehoben werden, gegen den Ibisevic eine seiner bisher schwierigsten Aufgaben in dieser Saison zu bewältigen hatte.
Zwar konnte Hertha die Gastgeber mittlerweile einschnüren, zu einem Tor reichte das abernicht. Auch die Einwechslungen von Haraguchi und Esswein für Kalou und Stocker bewirkten in der Hinsicht nicht viel, stattdessen erzielte Freiburg durch den Joker Nils Petersen nach einem gewonnenen zweiten Ball ein sinnbildliches Tor. Zwar konnte der noch später eingewechselte Schieber den Anschlusstreffer markieren, das Tor kam aber zu spät.
Fazit: Hertha steigerte sich deutlich im Vergleich zur letzten Woche, gegen extrem effiziente Freiburger reichte es dennoch nicht zum ersten Sieg im neuen Jahr. Interessant wird dementsprechend das Spiel gegen das pressingstarke Ingolstadt am nächsten Wochenende.