Wer hätte gedacht, dass die Partie zwischen Eintracht Frankfurt und Hertha BSC am 5. Spieltag das Duell zwischen dem Vierten und dem Fünften sein würde? Also außer Matthias Sammer, versteht sich. Interessanterweise kam es beim Wiedersehen der beiden ehemaligen Teamkollegen Pal Dardai und Niko Kovac auch zu einem Aufeinandertreffen zweier recht ähnlicher Teams.
Hertha hatte letzte Saison durch ein überraschend stabiles Ballbesitzspiel einen Wettbewerbsvorteil, der sich zum Ende der Hinrunde in einem tollen dritten Platz wiederspiegelte. Auf den flexiblen Bewegungen des Mittelfeldzentrums aufbauend versuchte man über Flügelangriffe Durchbrüche zu erzielen und kombinierte dies mit einigen schönen Angriffen durch das Zentrum. Genauso wie die Hertha hat auch Frankfurt nun eine sehr bewegliche Mittelfeldzentrale, die sich vor den ruhig aufbauenden Innenverteidigern ziemlich frei bewegen kann.
So begannen bei der Eintracht Huszti, Mascarell und Fabian im Zentrum. Anders als bei Hertha gab es von den ersten beiden kaum mal Vertikalläufe nach vorne, ihre Positionierungen im Sechser- und Achterraum variierten aber sehr stark. Außerdem konnte sich noch Marco Fabian von seiner höheren Ausgangsposition fallen lassen und so einige 1-2-Staffelungen mit ihm und Huszti vor Mascarell herstellen. Letzterer bewegte sich zwar meistens nahe an den Innenverteidigern, kippte aber kaum mal wirklich zwischen die beiden ab. Das war aufgrund des wieder etwas passiveren Pressings der Hertha aber auch nicht wirklich nötig.
Etwas weiter vorne als Fabian bewegten hielten sich meistens Meier, Seferovic und Blum auf. Nominell besetzten die letzten beiden die Außenbahnen. Vor dort aus gab es dann eine Asymmetrie bei ihren Bewegungen ins Zentrum zu beobachten. Während Blum vor allem hoch einrückte, ließ sich Seferovic auch öfter mal ins Zentrum fallen, um das durch eine von Fabians Zurückfallbewegungen geöffnete Loch im Zentrum zu füllen. In einigen Situationen rochierte dann auch mal Fabian nach rechts, während Seferovic in der Mitte blieb.
Um Aufzurücken wurde dann manchmal ein Vertikalpass aus der Innenverteidigung direkt auf einen der Flügelspieler gespielt oder Frankfurt versuchte longline über die Außenbahnen nach vorne zu kommen. Deutlich häufiger war es aber so, dass einer der drei zentralen Akteure im Halbraum oder noch etwas weiter außen hinter dem aufgerückten Außenverteidiger aufdrehen konnte und dann in Kombinationen mit dem jeweiligen Flügelspieler, dem Außenverteidiger und manchmal noch einem anderen Spieler versuchte, nach vorne zu gelangen. Bei Ballverlusten konnten sie die Konter der Hertha durch die Enge der vorausgehenden Kombinationen oft schon früh unterbinden.
Wenn Frankfurt seine typischen Bewegungen abspielte, hatte Hertha oft Zugriffsprobleme, da sich Mascarell sehr geschickt zwischen Herthas erster Pressinglinie, Stocker und Ibisevic bewegte und die beiden situativen Achter Fabian und Huszti ebenfalls für Zuordnungsschwierigkeiten sorgten, dieses Mal zwischen den Sechsern und den Außen. Mit zunehmender Spieldauer wurden die 1-2-Staffelungen der Eintracht konstanter und auch sauberer, was wiederum den Druck auf die Hertha erhöhte. Nach dem 1:0 in der zwölften Minute zog Hertha sich außerdem noch etwas weiter zurück und konnte so nach und nach zurückgedrängt werden.
Wie erwähnt hatte Dardais Team aus dem typischen 4-4-2-Pressing heraus einige Probleme gegen die guten Bewegungen der Eintracht, schaffte es aber, die meisten Kombinationen der Eintracht gut zuzuschieben und so zumindest keinen leichten Raumgewinn zuzulassen.
Bei Ballbesitz der Hertha spielten die Frankfurter ein 4-4-2-Mittelfeldpressing mit einigen mehr oder weniger losen Mannorientierungen, vor allem in der Viererkette und auf den Flügeln. So konnten sie die Hertha, bei denen Darida-Ersatz Stocker sich mehr auf die Besetzung des offensiven Zwischenlinienraums fokussierte und weniger zurückfiel, in viele Gleichzahlduelle auf den Außenbahnen zwingen, zu denen dann schnell ein Mittelfeldakteur nachschob, um Überzahl herzustellen. Allerdings wurde so auch immer wieder der direkte Passweg für einen Innenverteidiger auf den einrückenden Flügelspieler frei. Gerade Haraguchi konnte sich für solche Situationen immer wieder passend bewegen. Auffällig war dann, wie passiv Seferovic und Blum waren, die sich wirklich nur auf ihren Gegenspieler konzentrierten und auch bei schlechten Ballannahmen von Weiser oder Haraguchi nicht auf die Idee kamen, mal zu pressen.
Wie schon kurz angedeutet war Stocker im offensiven Mittelfeld naturgemäß ein anderer Spielertyp als es sonst Darida ist. Während der Tscheche eher sehr weiträumig viel unterstützt, hielt sich Stocker meist in hohen Zonen auf und balancierte dort oft die Bewegungen der Mitspieler. So konnte man beispielsweise einige Male sehen, dass sich Weiser vom Flügel aus leicht bogenförmig in den Halbraum fallen ließ, während Stocker dahinter nach außen auswich. Auf diese Weise konnte er natürlich manchmal gut Raum für Angriffe schaffen, seine Präsenz wäre aber in den Achterräumen noch wertvoller gewesen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie blind die Mannorientierungen der Frankfurter Flügelspieler waren und das Fabian nur selten aus der ersten Pressinglinie zurückfiel, hätte Stocker wohl ziemlich leicht für Überzahl im Mittelfeld sorgen können. Sein vereinzeltes Zurückfallen wirkte aber eher mechanisch als wirklich passend und war auch von der Situation her eher schlecht gewählt.
Insgesamt spielte war das Berliner Ballbesitzspiel etwas direkter als sonst, was vermutlich auch an den manchmal fehlenden Verbindungen lag, die Stocker nicht geben konnte. Dies im Verbund mit den Mannorientierungen, die an sich schon oft für eine direktere Spielweise sorgen, machte die Angriffe Berlins ab der Mittellinie manchmal schnell kaputt.
Weil Frankfurt das Spiel kurz vor der Pause noch drehte, sah Pal Dardai sich in der Halbzeit gezwungen, Esswein für Pekarik zu bringen, wofür Weiser dann auf die Rechtsverteidigerposition rückte. Ein an sich ziemlich simpler Wechsel, der aber eine große Wirkung hatte. Weiser begann nun, mit und ohne Ball, von seiner neuen Position ins Zentrum zu ziehen. Das hatte unterschiedliche Folgen: Mit dem Ball konnte er so die durch die Mannorientierungen freien Räume mit Blickrichtung gegnerisches Tor bespielen und so noch besser Angriffe antreiben, während er ohne Ball immer wieder den direkten Passweg auf den neuen Esswein freizog. So geschehen auch beim 2:2, als Esswein unbedrängt flanken konnte, nachdem Weiser ohne Ball in den Halbraum lief. Mindestens genauso viel Lob gebührt aber auch Per Skjelbred, der sich in der Entstehung des Tores mal wieder extrem gut bewegte.
Schon wenig später fiel dann das 2:3, als Ibisevic mal wieder eine seiner tollen und durchaus ansrpuchsvollen Weiterleitungen an den Mann brachte, in diesem Fall Esswein, und der Neuzugang abermals von der vergleichsweise simplen Situation profitierte. Denn bei aller Liebe gegenüber Esswein , immerhin war er an beiden Toren beteiligt, er tat sich abermals in etwas komplexeren Situationen sehr schwer, die er irgendwie komisch lösen wollte und bei der Ausführung versagte. Immerhin scheinen Dardai und Widmayer das ähnlich zu sehen und bringen ihn wohl auch deswegen kaum mal von Beginn an.
Nach dem 2:3 kam Hertha dann aber nicht mehr wirklich ins gepflegte Ballbesitzspiel hinein und konnte so auch die gute Weiser-Esswein Kombination nicht nutzen. Stattdessen drückte Frankfurt die Berliner wieder hinten rein, bis es dann irgendwann doch noch zum 3:3 kam.
Fazit: Eine tolle Partie mit etwas unglücklichem Ausgang, aber einer guten Umstellung für die zweite Halbzeit. Weiser auf der Rechtsverteidigerposition scheint auch eine Option für die nächsten Spiele zu sein, bei Esswein wird man dies nochmal genauer abwägen müssen, je nachdem, wie es dann mit der Verletztenlliste aussieht.