Eine Woche nach der wohl besten Saisonleistung gegen Bayern wollte Hertha zu Hause gegen die Eintracht aus Frankfurt diese Leistung bestätigen.
Nun ist es aber bekanntlich so, dass Spiele gegen den Rekordmeister in vielerlei Hinsicht Ausnahmen darstellen: So konnte sich die Hertha eigentlich auf das Verteidigen beschränken, ohne irgendwelche gefährlichen Ausflüge nach vorne wagen zu müssen, die eher Bonus waren. Bei diesen Angriffen zeigte sich Bayern außerdem erschreckend offen, was gegen den Großteil der Liga so nicht geschehen wird…auch gegen Frankfurt nicht.
Spannend war aufgrund dessen erstmal, ob Berlin wieder auf ein 4-1-4-1-System setzen würde, oder ob sie zum gewohnten 4-2-3-1/4-4-1-1 zurückkehren. Durch die Systemänderung hatte man im letzten Spiel deutlich bessere Verbindungen vom Flügel in die Mitte erzeugen können, wodurch die Partie bei weitem keinen Einbahnstraßenfußball darstellte. Gegen Frankfurt zeichnete sich aber schnell ab, dass Darida und Skjelbred nicht mehr auf einer Höhe, sondern als Sechser und Zehner agieren sollen.
Das bedeutet bei Hertha vor allem, dass die Innenverteidiger deutlich mehr Verantwortung im Spielaufbau tragen müssen, da die Bewegungen von Herthas Doppelsechs nur selten mal wirklich zu einem geordneten Spielaufbau beitragen. Stattdessen bewegen sich die Sechser die meiste Zeit im Deckungsschatten der Doppelspitze und erhalten nur bei zurückfallenden Bewegungen den Ball. In der Folge landet der Ball dann nach einer langen Zirkulation in der ersten Linie auf dem Flügel und wird den offensiven Außen übergeben, damit die etwas kreieren können.
Der Erfolg dieser Variante ist ziemlich überschaubar, in diesem Spiel verstärkte Frankfurt den Effekt sogar noch einmal: Das Pressing der Hessen beginnt in einer 5-3-2-artigen Grundordnung, wobei die zentralen Mittelfeldspieler sich sehr stark an ihren direkten Gegenspielern orientieren und die Stürmer direkte Wege in den Sechserraum zustellen. So brachten auch die ordentlichen Rotationen im Mittelfeld, meistens durch Darida ausgelöst, wenig bis gar nichts an Raumgewinn. Deswegen waren es wieder die Außen, die ohne wirkliche Unterstützung den Ball nach vorne tragen sollten. Wenn der Ball bei einem Außenverteidiger landete, schob Frankfurts ballnaher Wingback vor und schnitt so den direkten Weg nach vorne ab, weshalb oft nur noch eine schnelle Ablage auf einen Sechser oder den Flügelstürmer möglich war. Dass sowas nicht allzu schwer zu verteidigen ist, hat man dann im Verlauf des Spiels doch sehr deutlich erkennen können.
Etwas besser waren deswegen direkte Pässe auf einen der Flügelstürmer, wobei diese sich dann direkt mit einem Frankfurter Verteidiger in ihrem Rücken auseinandersetzen mussten, was einen schnellen Ballvortrag bis auf wenige Situationen unterband. Immerhin ist aber die leicht eingerückte Position etwas besser für eine weiterführende Ballzirkulation geeignet, als die breitere und tiefere Position der Außenverteidiger in den meisten Szenen.
Mitte der ersten Halbzeit begann Skjelbred dann, konstant zwischen die Innenverteidigung zurückzufallen, was interessante Auswirkungen hatte. Die Frankfurter Mannorientierungen sahen eine so weite Verfolgung nämlich nicht vor, sodass sich Skjelbreds Gegenspieler schnell wieder zurückzog, sobald der Norweger sich vor die Frankfurter Stürmer bewegte. Diese sahen sich nun einer 3 vs. 2 Unterzahlsituation ausgesetzt und fielen ein gutes Stück zurück. Nachdem sie vorher noch ein paar Mal lange Bälle provoziert hatten, blieben sie deutlich passiver und ermöglichten Hertha so einen besseren Spielaufbau. Skjelbred eröffneten sich nämlich ganz gute Passwinkel zwischen der Frankfurter Doppelspitze hindurch und somit endlich mal kontrolliert ins Zentrum.
Alternativ konnte er auch zu kurzen Dribblings ansetzen, die ihm nochmal bessere Passwege eröffneten. Soweit man den Vorgang im Fernsehen verfolgen konnte, schien es sich bei der Konstanz der Bewegung auch um eine explizite Anweisung von Dardai zu handeln, der Skjelbred zu sich geholt hatte, nachdem er zum ersten Mal abgekippt war. Trotz der besseren Ausgangsituation entstand aber immer noch keine wirkliche Gefahr. Dafür waren die Strukturen um die Mitte herum zu schwach besetzt, vielfach war Stark bei einem höheren Darida komplett auf sich gestellt. Gefährlich wurde es eigentlich nur dann, wenn Hertha mal einen Flügelstürmer hinter dem jeweiligen Wingback anspielen konnte, sei es bei Kontern oder nach Zuspielen, denen ein Abpraller oder ähnliches vorausging. Sonst scheiterte Hertha meistens an der massiven Endverteidigung der Eintracht oder auch schon vorher an sich selbst bzw. fehlenden Verbindungen.
Lange Zeit sah das Spiel deswegen nach einem 0:0 aus, auch weil Frankfurt noch ein bisschen unkreativer war als Hertha. Aus der 5-3-2-Defensivformation entstand bei Niko Kovacs Team im Spiel mit dem Ball ein 3-1-4-2/3-4-1-2, je nach Bewegung von Gacinovic und Besuschkow, wobei letzterer meistens den etwas tieferen Part neben Hasebe gab. Teilweise ließ sich auch noch Rebic fallen, was zu einigen 3-4-2-1-Staffelungen führte. Letztlich machte das aber kaum einen Unterschied, da Frankfurt ähnlich wie Hertha das Zentrum meistens um- oder direkt durchspielte. Nach einer längeren Zirkulation in der ersten Linie gab es viele direkte Pässe aus der Innenverteidigung auf Rebic zu sehen, der sich im linken Halbraum immer wieder mit gutem Timing in den Zwischenlinienraum fallen ließ, wobei er manchmal noch von Langkamp verfolgt wurde.
Begünstigt wurden diese Zuspiele von der defensiven Ausrichtung Herthas: Wie gegen Dreierketten üblich waren Haraguchi und Kalou etwas höher als sonst positioniert, pressten die Halbverteidiger aber bei weitem nicht so oft wie sonst. Im zentralen Mittelfeld war Hertha außerdem merkwürdig stark mannorientiert, wodurch in manchen Szenen die einfachsten Bewegungen reichten, um direkte Passwege nach vorne zu öffnen. Glücklicherweise schien Frankfurt sich dessen kaum bewusst, einige Mal blockten außerdem Ibisevic und Darida diese Wege.
Auffällig war sonst noch die Asymmetrie auf den Flügeln: Auf links schob Tawatha deutlich höher und bewegte sich auch häufiger mal in die Mitte, während Varela breiter und tiefer blieb. Da außerdem Rebic und Oczipka die linke Seite spielstärker als die rechte machten, lief auch der Großteil der kontrollierten Angriffe über diese Seite, vielfach griffen aber auch die Hessen zum aussichtslosen langen Ball. Das wurde wohl zusätzlich noch durch situative Mannorientierungen von Kalou gegen Varela verstärkt, immerhin war dadurch den Frankfurtern der einfach Weg über die Seite versperrt.
So ging es vollkommen verdient mit einem 0:0 in die Pause, wo die beiden Co-Trainer in kurzen Interviews den weiteren Spielverlauf bereits grob offenbarten. Während Widmayer sinngemäß davon sprach, dass man sich etwas ausgedacht habe, gab sein Frankfurter Pendant als Ziel die Nutzung der sich bietenden Chancen aus. Interessant war hier, wie sehr es ihm um Chancen ging, die sich bieten und nicht um welche, die man selber herausspielt.
Folgerichtig hatte Hertha in den nächsten Minuten mehr vom Ball und siehe da – das Berliner Trainerteam hatte sich tatsächlich etwas ausgedacht: Haraguchi hielt sich nun dauerhaft im rechten Halbraum auf und agierte von dort aus wie ein Zehner, der sehr an seine Ausgangsposition gebunden ist. Der Effekt dessen war aber eine sofortige Überzahl für Hertha im Zentrum, da Oczipka seine Position als linker Halbverteidiger nicht allzu weit verließ. Auch Kalou war nun oft zentraler positioniert, hielt dabei aber eine sehr hohe Position.
Wirklich viel Kapital konnte Hertha aus dieser guten Ausgangssituation aber nicht schlagen und nach der Führung wurden Szenen mit einem eingerückten Haraguchi auch immer seltener. Auf den neuen Spielstand reagierte die Eintracht dann in der 69. Minute durch die Einwechslung von Blum für Chandler und der damit verbundenen Umstellung auf eine seltsame Viererkettenformation. Es wirkte nun so, als hätte nur die eine Hälfte der Mannschaft davon Wind bekommen, da auf links die Struktur noch gleich war, während Chandler eine Hybridrolle aus Halb- und Außenverteidiger einnahm.
Spätestens durch das 2:0 war das Spiel dann entschieden, nachdem Seferovic vorher schon mit Rot vom Platz geschickt worden war. Ein kleines Highlight stellte noch die Einwechslung Dudas dar, der sich zumindest in einer speziellen Umschaltsituation sehr ansprechend bewegte.
Fazit: Ein biederer, aber wichtiger Sieg gegen Frankfurt, das ähnliche Probleme hatte, letztlich aber den Kürzeren zog. Am meisten Mut machte wohl tatsächlich der Einsatz von Duda, schürt er doch Hoffnungen auf eine Rückkehr der Skjelbred-Darida Doppelsechs.