Kurz nach dem bitteren Aus im DFB-Pokal musste Hertha schon wieder im Ruhrgebiet spielen, dieses Mal auf Schalke. Im Vergleich zur Partie gegen den BVB brachte Dardai Stocker, Lustenberger und Plattenhardt für Skjelbred, Darida und Mittelstädt.
Dass diese Wechsel zu Problemen führen würden, zeichnete sich schon nach einigen Minuten ab. Ziemlich schnell wurde klar, dass Schalke Herthas Formation im Aufbauspiel gewissermaßen spiegelte. Das bedeutete für Hertha, dass flexible Bewegungen nötig werden würden, um vor der Schalker Formation Räume aufzuziehen. Bei einem zentralen Mittelfeld aus Stocker, Lustenberger und Stark gibt es aber kaum Wechselwirkungen zwischen den hohen und den tieferen zentralen Räumen. Stattdessen bleiben alle drei erstmal in ihren Grundräumen positioniert und weichen wenn überhaupt nach außen aus. Um gegen einen Gegner wie Schalke konstant Räume zu öffnen, ist das aber zu wenig.
Durch die mannorientierte Spielweise der Knappen und den zwei nach außen lenkenden Stürmern gab es dann in der ersten Halbzeit auch fast keine Zuspiele in den Sechserraum zu sehen. Ein Vorteil bestand für Hertha aber darin, dass die eigenen Außenverteidiger oft viel Platz hatten. Da Kolasinac und Schöpf oft tiefer auf ihrer Seite aushelfen mussten, konnten sie nicht gleichzeitig den Berliner Außenverteidiger pressen, sodass der Raum und Zeit hatte. Aber was bringen einem Raum und Zeit, wenn es keine Verbindungen gibt, durch die man die Vorteile nutzen kann? Hier spielt auch das schlechte Timing eine Rolle, das sich schon seit Monaten durch die Bewegungen der Sechser zum Flügel hin zieht. Während man früher oft von der Seite aus in die Mitte eindringen konnte, ist das jetzt wegen zu großer Abstände unmöglich.
Kleine Lichtblicke stellten direkte Pässe der Außenverteidiger auf einen der Flügelstürmer dar. Dann gelang es Hertha auch mal, aus dem ruhigen Aufbauspiel heraus Fahrt aufzunehmen und für etwas Gefahr zu sorgen. Wegen der schwachen Schalker Breitenstaffelung landeten diese Pässe oft in Gleichzahlsituationen, da vorher der Wingback noch neben das Mittelfeld herausrücken musste, um den Berliner Außenverteidiger noch ein bisschen unter Druck zu setzen.
Wirklich gefährlich wurde Hertha aber erst nach Ballgewinnen. Auch hier spielte Hertha Schalkes Dreierkette in die Karten, da die Wingbacks oft zu hoch positioniert waren, als dass sie direkt Herthas Flügelspieler bedrängen könnten. So gab es nach den Ballgewinnen oft einen Pass auf Haraguchi zu sehen, der erstmal schnell einiges an Raum überbrückte, um dann quer in die Mitte zu spielen. Weil Badstuber gegen Haraguchi herausrücken musste und sich weder Stambouli noch Bentaleb in die Kette fallen ließ, fand Hertha im Zentrum fast schon Überzahlsituationen vor. Durch schnelle Querpässe auf den anderen Flügel konnte man den freien Mann dann auch tatsächlich bedienen und kam so zu guten Chancen für Kalou und Ibisevic.
Auch bei Schalke war es so, dass aus dem ruhigen Aufbauspiel heraus nicht viel lief, weshalb auch die Knappen meistens auf Umschaltsituationen warteten. Dabei waren die Probleme im Spiel mit dem Ball von ähnlicher Natur wie die von Hertha, hatten aber in der komplett anders angelegten Grundstruktur der Königsblauen einen anderen Ursprung. Wie schon beschrieben setzte Markus Weinzierl einmal mehr auf eine Dreierkette mit Stambouli, Bentaleb und Goretzka davor. Dabei war Bentaleb oft deutlich tiefer positioniert als Goretzka auf der anderen Halbposition, was Vor- und Nachteile hatte.
In der ersten Phase des Schalker Aufbauspiels fehlte oft jemand auf der linken Seite, der nach einem Pass auf den Wingback sofort eine Verbindung in den Halbraum gab, also ähnlich wie bei Hertha mit den Außenverteidigern. Das war auch dadurch bedingt, dass der jeweils ballnahe Schalker Stürmer sich eher nochmal für einen weiteren Pass in die Tiefe anbot, anstatt den Weg in die Mitte vorzuschlagen. Deswegen endeten einige Angriffe von Königsblau in Isolation am Flügel. Hier war es auch mal wieder nicht von Vorteil, dass die Dreierkette allergisch auf Vorstöße mit dem Ball zu sein scheint. Platz für solche Dribblings wäre in einzelnen Szenen nämlich durchaus vorhanden gewesen.
Hertha war auf diese Spielweise aber durchaus gut vorbereitet. Das Pressing war wie immer gegen Gegner mit konstanter Aufbaudreierkette bei einfacher Flügelbesetzung sehr eng, dieses Mal verzichtete man aber auf einen höheren Ibisevic, sondern reihte sich erstmal in einem 4-2-4-0 auf. Dadurch kappte man die meisten Verbindungen nach vorne, woraufhin Höwedes, Naldo und Badstuber weitestgehend ratlos war, was wiederum ein Zurückfallen von Bentaleb noch weiter provozierte, immerhin wollte dieser ja das Spiel seiner Mannschaft antreiben.
Manchmal gelang es Schalke auch, Hertha erstmal auf eine Seite zu locken, um dann auf einen tatsächlich etwas aufgerückten Halbverteidiger zu verlagern, aber auch das brachte kaum mal wirklich Durchbrüche. Gefährlich wurde es vor allem dann, damit kommen wir dann auch zu den Vorteilen von Bentalebs Positionierung, wenn der Algerier halblinks mit offenem Blickfeld den Ball erhielt und auf Goretzka im höheren rechten Halbraum verlagern konnte. Alternativ konnte den Part des Passes auch ein anderer Schalker übernehmen, dieser war dann aber auch meistens halblinks positioniert.
Der erste Treffer fiel dann aber nach einem Konter bzw. der zweiten Welle nach einer Umschaltsituation. Hier war es aber auch wieder Bentaleb der einen Rückpass erhielt und dann einen Traumpass nach halbrechts spielte, wenn auch aus zentraler Position. Später gab es auch mal Einzelaktionen, die etwas Gefahr aufkommen ließen und durch die Schalke auch verdient führte.
Herthas Pressing präsentierte sich in der Hinsicht auch relativ anfällig, da die Ausrichtung wieder ziemlich mannorientiert war. Lustenberger nahm beispielsweise Goretzka über die komplette Spielzeit in eine enge Deckung und auch die Viererkette war für Caliguri und Burgstaller recht leicht auseinander zu ziehen.
Als Rainer Widmayer dann in der Halbzeit zurecht anmerkte, man müsse im zweiten Durchgang kompakter sein, schien er aber nicht darauf anzuspielen, dass Herthas Block durch die Mannorientierungen einige Male ziemlich luftig war. Zwar brachte die Einwechslung von Darida für Stocker einen positiven Effekt im Pressing, der war aber mit eher mit der guten Orientierung des Tschechen als mit weniger Mannorientierungen verbunden.
Neben dem verbesserten Pressing brachte Darida auch Schwung in das lahme Ballbesitzspiel der Hertha. Mit ihm gab es zum ersten Mal seit vielen Monaten gute Ballzirkulationen durchs Zentrum, bei gleichzeitig guter Anbindung an die Flügel. Wenn der Ball tiefer unterwegs war, ließ er sich auch mal fallen, weshalb Stark und Lustenberger aufrückten und dann für bessere Verbindungen zu den Außenverteidigern sorgten. Der einzige Wehrmutstropfen waren die konstant breiten Außenverteidiger, die nach Verlagerungen gegen das weit auf die andere Seite verschobene Schalker Mittelfeld aus dem Halbraum heraus sehr einfach für Gefahr hätten sorgen können. So blieb dann letztlich auch das Tor für Hertha aus, angesichts der immer noch vorhandenen schwächeren Phasen wohl auch verdient.