Herthas Ballbesitzspiel gegen Augsburg

In der ersten Partie nach der Länderspielpause musste die Hertha bei den, von Verletzungen gebeutelten Augsburgern antreten. Erwartungsgemäß konnte Pal Dardais Team dieses Mal wieder zeigen, wie es um das eigene Ballbesitzspiel steht – mit gemischtem Ergebnis.

Ungefähre Grundformationen bei Berliner Ballbesitz.
Ungefähre Grundformationen bei Berliner Ballbesitz.

Die Hauptstädter erwartete ein typisches Team à la Dirk Schuster. Das heißt: viele Mannorientierungen, vor allem auf den Flügeln, lange Bälle. Da die Aufbauphasen der Augsburger aber nicht so häufig waren, fielen ihre Mannorientierungen deutlich mehr ins Gewicht. Herthas Außenverteidiger rückten von Beginn an noch etwas weiter auf als sonst und drängten ihre manndeckenden Gegenspieler so natürlich weit nach hinten. Vor allem Pekarik auf rechts schob oft schon früh weit nach vorne, was für Situationen sorgte, in denen die Augsburger in Fünfer- oder Sechserketten verteidigten. Vor dieser Sechserkette befanden sich dann gerade einmal vier Spieler, was der Hertha oft den jeweils ballfernen Halbraume öffnete.

Um die Augsburger Schwächen zu nutzen, baute Hertha wie immer mit sehr breiten Innenverteidigern auf, die sich den Ball auch mal vor den Augsburgern hin und her passen konnten. Im eigenen Drittel wurden sie dann tatsächlich auch mal von der gegnerischen Doppelspitze angelaufen. Dabei führte dann meistens einer der beiden Stürmer einen bogenförmigen Lauf aus, um den Passweg zwischen Langkamp und Brooks zu schließen und den jeweiligen Innenverteidiger auf eine Seite zu lenken. Da Hertha es aber gut verstand, Jarstein in den tiefen Spielaufbau einzubinden, konnte man diese Bewegung meistens ziemlich einfach umspielen. Um eben solche Mechanismen zu unterstützen, ließ sich oft noch einer der beiden Sechser, meistens Stark, fallen, und legte dann oft auf einen der Innenverteidiger ab. Immerhin befanden sich diese schon in einer offenen Körperposition.

Wenn dieser Pass ankam oder Langkamp bzw. Brooks etwas Platz bekamen, dribbelten sie schnell an und versuchten anschließend einen Pass in die letzte Linie anzubringen. Ergänzend dazu fiel oft einer der beiden Sechser zurück, um eine einfache horizontale Passoption herzustellen. Vielfach war es aber auch so, dass Herthas zentrales Mittelfeld bereits 1-2-mäßig angeordnet war und einer der Sechser sich zwischen den Augsburger Sechsern und Stürmern positioniert hatte. Durch die Mannorientierungen auf den Flügeln waren diese vier Augsburger oft das einzige, was das Team in den zentralen Feldbereichen aufzubieten hatte. Dadurch mussten sie natürlich sehr viel Raum abdecken, was von der Hertha wohl auch durch diese Mittelfeldanordnung bespielt werden sollte.

Tatsächlich gelang es aber nur selten, stattdessen musste gerade Langkamp auf viele Vertikalpässe auf den zurückfallenden Esswein zurückgreifen. Dass diese Variante nicht der Weisheit letzter Schluss ist, offenbarte sich dann ziemlich schnell: Esswein hatte Schwierigkeiten, den Ball adäquat weiterzuleiten. Dabei war er aber auch nicht alleine Schuld: Sein Partner auf der Außenverteidigerposition war ihm oft insofern keine Hilfe, als dass er durch zu frühes und weites Vorschieben sehr flache Staffelungen herstellte. Durch diese war Esswein oft gezwungen sofort abzulegen oder aber aus einer Ausgangsposition mit schlechtem Blickfeld und Tempo zum eigenen Tor selber aufzudrehen – keine leichte Aufgabe. Den Umständen entsprechend löste Esswein diese Probleme ganz ordentlich und konnte durch Ablagen ein paar Angriffe am Leben erhalten.

Auf der anderen Seite verhielt sich das Ganze deutlich anders: Plattenhardt hatte ein deutlich besseres Timing bei seinen Vorstößen und konnte Stocker so etwas mehr Raum und manchmal auch noch eine zusätzliche Anspielstation bieten. Auch Brooks Vorstöße wirkten besser als die Langkamps, ließ sich der US-Amerikaner doch deutlich seltener weiter an die Außenlinie abdrängen und konnte so aus einer besseren Position eröffnen. Auch Valentin Stocker selbst trug einen Teil zu den besseren Spielzügen auf links bei: Schon seine Ausgangsposition war oft zentraler, einige Male konnte er so direkt im Zentrum von Brooks angespielt werden. Diese Pässe waren aber auch den etwas wilden Bewegungen von Augsburgs Kohr geschuldet, der dadurch diesen Passweg erst öffnete.

Insgesamt muss nämlich gesagt werden, dass Augsburgs Viereck sehr oft Herthas Verbindungen in den anderen Halbraum kappte. Diese Verschiebebewegungen waren aber auch nichts, das man nicht aus- bzw. umspielen könnte. Allerdings hatte Hertha wie schon kurz erwähnt sehr stark mit zu flachen Staffelungen zu kämpfen. Neben den gerade beschriebenen Wechselwirkungen auf den Flügeln gab es viele Situationen mit einem sehr engen zentralen Mittelfeld, in denen man dann gute Verbindungen hatte. Teilweise waren aber auch zwei der drei im vorderen Zwischenlinienraum positioniert. Der oft so freie ballferne Halbraum war in zu vielen Situationen auch einfach nicht bespielbar, weil sich keiner dorthin bewegte.

Auch gelegentliche Bewegungen Stockers, bei denen er eben diese vakante Position besetzte, konnten nicht wirklich eingebunden werden. Stattdessen startete Stocker einige Tiefensprints bei einem gleichzeitigem Zurückfallen Ibisevics. In dieser Rolle ist der Schweizer jedoch verschenkt, da er trotz des durchaus vorhandenen Wertes dieser Bewegungen in anderen Ausgaben noch wertvoller gewesen wäre.

Hinsichtlich der zu flachen Staffelungen erklärt sich einiges, wenn man mal auflistet, was es tatsächlich auch für Szenen gab:

Ok, es reicht  doch schon eine Szene.
Ok, es reicht doch schon eine Szene.

Sobald Hertha aber bessere Strukturen herstellte, gab es durchaus auch mal gute Kombinationen zu bestaunen. Diese Strukturen waren auch gar nicht selten, nur waren sie zu improvisiert: So wurde in einer Situation ein zu besetzender Raum häufig übersehen oder zu spät angelaufen, da wohl etwas die Orientierung fehlte. Auch kam es vor, dass sich aus der hohen Präsenz an der letzten Linie mehrere Spieler gleichzeitig zurückfallen ließen, die sich dadurch gegenseitig den Platz nahmen. Der mögliche raumöffnende Effekt solcher Bewegungen wurde dann ebenfalls kaum genutzt.

Im zweiten Durchgang änderte sich bei der Hertha nicht wirklich viel, das Ballbesitzspiel blieb somit wechselhaft. Stocker, der mit Kalou die Position tauschte und dadurch zentraler unterwegs sein sollte, balancierte oft zurückfallende Bewegungen der Außenspieler, was ihn ein bisschen aus dem Spiel nahm. Auch Kalou sorgte auf seiner neuen Position für keine große Steigerung. Der später für ihn eingewechselte Schieber schien letztlich besser eingebunden. Auch Haraguchi, der für Esswein ins Spiel kam, bot sich eher mal gut an, weshalb Hertha sich in den letzten Minuten noch ein paar (Halb-)Chancen erarbeiten konnte. Dennoch reichte es am Ende nicht für einen Sieg.

Fazit: Ein für die Hertha unnötiges, alles in allem aber gerechtes 0:0 ist für den Hauptstadtklub die logische Konsequenz eines zu schwachen Auftrittes. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wie sehr diese Leistung durch das Fehlen von Weiser und Haraguchi erklärt werden kann.

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